Mitte Juni 2021 erhielten Nutzer von Philips-Beatmungsgeräten eine Sicherheitswarnung. Der in den Beatmungsgeräten verwendete Schaumstoff soll sich in Mikropartikel auflösen und in die Lungen der Betroffenen gelangen können. In den USA wurde anstatt einer Sicherheitsmitteilung ein Rückruf der Medizinprodukte angeordnet.

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Die Sicherheitsmitteilung von Philips rät den Betroffenen die folgenden Massnahmen zu treffen:

Für Patienten, die lebenserhaltende mechanische Beatmungsgeräte verwenden:

  • Unterbrechen oder ändern Sie die verordnete Therapie nicht, bevor Sie mit Ihrem Arzt gesprochen haben. Philips ist sich darüber im Klaren, dass alternative Beatmungsgeräte für Patienten, die ein Beatmungsgerät für die lebenserhaltende Therapie benötigen, oder in Fällen, in denen eine Unterbrechung der Therapie nicht akzeptabel ist, nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen. In diesen Situationen und nach Ermessen des behandelnden Klinikteams kann der Nutzen der weiteren Verwendung dieser Beatmungsgeräte die Risiken überwiegen.
  • Wenn Ihr Arzt feststellt, dass Sie dieses Gerät weiter verwenden müssen, verwenden Sie einen Inline-Bakterienfilter. Lesen Sie Ihre Gebrauchsanweisung für eine Anleitung zur Installation.

Für Patienten, die BiLevel-PAP- und CPAP-Geräte verwenden:  

  • Bitte wenden Sie sich an Ihren Arzt oder Verschreiber, bevor Sie Änderungen an Ihrer verordneten Therapie vornehmen. Obwohl die in diesem Schreiben genannten Risiken dazu geführt haben, dass Philips die Beendigung der Anwendung empfiehlt, ist es wichtig, dass Sie sich mit Ihrem Arzt beraten, um die am besten geeigneten Optionen für die weitere Behandlung zu bestimmen. Bestimmen Sie gemeinsam mit Ihrem Arzt, ob der Nutzen einer fortgesetzten Therapie mit Ihrem Gerät die identifizierten Risiken überwiegt.

 

Zum Fall

Die betroffenen Beatmungsgeräte dienen unter anderem der Behandlung von Schlafapnoe.

Philips teilte über seine Homepage das Folgende mit:

„[…] Bis heute sind bei Philips Respironics mehrere Beschwerden hinsichtlich des Vorhandenseins schwarzer Ablagerungen/Partikel im Luftkanalkreislauf (der sich vom Geräteausgang, dem Befeuchter, den Schläuchen und der Maske erstreckt) eingegangen. Philips wurde auch über Kopfschmerzen, Reizungen der oberen Atemwege, Husten, Druck auf der Brust und Infektionen der Nebenhöhlen unterrichtet

[…]

Zu den potenziellen Risiken einer Exposition durch chemische Emissionen aus dem betroffenen Schaumstoff gehören: Kopfschmerzen/Schwindel, Reizungen (Augen, Nase, Atemwege, Haut), Überempfindlichkeit, Übelkeit/Erbrechen, toxische und krebserregende Wirkungen.

https://www.philips.ch/healthcare/e/sleep/communications/src-update, abgerufen am 03.02.2022,

[…]”

Im offiziellen Rückruf des Produkts in den USA teilte Philips (ins deutsche übersetzt) mit, dass diese Probleme zu schwerwiegenden Verletzungen führen können, die lebensbedrohlich sein oder dauerhafte Beeinträchtigungen verursachen können.

 

Problematische Entscheidung
Die Betroffenen befinden sich in einem Dilemma: Einerseits teilt Philips in Bezug auf die betroffenen Produkte mit, dass die Fortsetzung der Therapie mit dem fehlerhaften Beatmungsgerät nicht ohne ärztliche Konsultation erfolgen soll. Andererseits warnt Philips mit deutlichen Worten vor der Gefährlichkeit der Beatmungsgeräte.

So oder so stehen die Betroffenen vor einer schwierigen Entscheidung. Der sofortige Abbruch der Verwendung des Beatmungsgerätes kann heftige medizinsche Reaktionen/Risiken auslösen wie beispielsweise Tagesmüdigkeit, Atemausssetzer, Sauerstoffmangel, Herzrythmusstörungen und sogar Infarktrisiken etc können entstehen.

Andererseits sollen laut Angaben von Philips die behandelnde Ärzte – die mangels Studien und Gutachten über die Gefährlichkeit der fehlerhaften Produkte keine Kenntnis haben – über die Weiterverwendung entscheiden.

Diese Situation ist sehr unbefriedigend für die Betroffenen und ist die Konsultation eines Facharztes zwingend zu empfehlen.

 

Ersatz eines mangelfreien Gerätes – Wandlung des Vertrages
Ausweislich der Sicherheitswarnung von Philips weisen die fehlerhaften Medizinprodukte nicht die zugesicherte Eigenschaft auf. Ein Beatmungsgerät soll einer sicheren medizinischen Behandlung dienen und es darf nicht die Gefahr entstehen, dass das Gerät gesundheitsgefährdende Schaumstoffpartikel in die Lungen der Betroffenen leitet.

In weiterer Folge wird zu prüfen sein, inwiefern das fehlerhafte Produkt unter einem Sachmangel leidet, der zur Rückabwicklung eines zugrundeliegenden Vertrags berechtigt.

Die Anwaltskanzlei Amann Partners Rechtsanwälte (RA Dr. Maximilian Maier und RA Dr. Alexander Amann) unterstützen die Betroffenen bei der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen in der Schweiz, Österreich und Liechtenstein.

Die Betroffenen aus der Schweiz werden an dieser Stelle auf die besonders kurze Verjährungsfrist des Art 201 Abs 3 OR (sog versteckter Mangel) hingewiesen. Wenn der Mangel eines Produktes zu einem späteren Zeitpunkt bekannt wird – weil der Mangel bei der Übergabe des Produktes nicht erkennbar war – muss die Anzeige des Mangels an den Vertragspartner sofort nach der Entdeckung erfolgen, widrigenfalls die Sache auch rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt. Aus diesem Grunde wird eine rasche Vorgehensweise empfohlen.

https://www.philips.com/c-dam/b2bhc/master/landing-pages/src/update/documents/philips-recall-letter-2021-05-a-2021-06-a.pdf, abgerufen am 03.02.2022.

 

Ablehnende Haltung der Rechtsschutzversicherungen
Da in der Vergangenheit auch Rechtsschutzversicherungen in der Schweiz eine ablehnende Haltung gegenüber betroffenen Konsumenten in dieser Causa gezeigt haben, werden die Konsumenten auch bei der Meldung des Versicherungsfalls und der Schadensabwicklung mit ihrer Versicherung von der Anwaltskanzlei Amann Partners unterstützt.

 

Zukünftige Gesundheitsrisiken
Ob und inwiefern Schaumstoff-Mikropartikel in das Lungengewebe der Betroffenen gelangten und welche gesundheitlichen Folgen dies für die Betroffenen haben kann, ist derzeit mangels substanziellen medizinischen Erhebungen unklar. Folgt man der Vermutung des Herstellers – dass die Möglichkeit besteht, dass über einen längeren Zeitraum durch das Beatmungsgerät zersetzte Schaumstoffpartikel in das Lungengewebe von (evtl bereits erkrankten) Betroffenen eingeleitet worden sein könnten – liegt der Verdacht sehr nahe, dass dieser Vorgang gesundheitlichen Folgen bei den Betroffenen hinterlassen hat. In jedem Fall dürfen mögliche zukünftige gesundheitliche Folgen nicht ohne Weiteres von den Betroffenen ausgeschlossen werden.

Die Anwaltskanzlei Amann Partners Rechtsanwälte sind den Betroffenen bei der Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche behilflich und sammeln Daten und Informationen, um allfällige Schäden konkretisieren zu können.

Dr. Maximilian Maier

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